Bauen, wohnen und vermieten in Freigericht

Bauen, wohnen und vermieten in Freigericht

Unser Bürgermeister Dr. Eitz im Gespräch

Das Interview führte Magdalena Fontanier
Foto Dr. Eitz Freigericht
Bürgermeister Dr. Eitz im Gespräch mit Magdalena Fontanier

Herr Dr. Eitz, vorweg herzlichen Dank für Ihre Zeit und Ihr Einverständnis, dieses Interview zu geben.

Als Bürgermeister von Freigericht wissen Sie, dass unsere Gemeinde zu den populärsten im Main-Kinzig-Kreis gehört. Die ideale Lage zwischen Rhein-Main-Gebiet und Spessart kommt bei Frankfurt-Pendlern als auch gleichzeitig Naturliebhabern sehr gut an. Freigericht hat daher schon seit einigen Jahren einen stetigen Anstieg an Neubürgern zu verzeichnen.

Wie sehen Sie demzufolge die demografische Entwicklung insbesondere im Hinblick auf die Wohnraumsituation in Freigericht?

Dr. Eitz: Zunächst vielen Dank für die Möglichkeit, mich zu dem wichtigen Thema „Bauen, wohnen und vermieten in Freigericht“ hier in diesem Rahmen äußern zu können.

Als Bürgermeister freut es mich natürlich, dass unsere Gemeinde bei seinen Alt- als auch Neubürgern auf der Beliebtheitsskala stetig steigt. Die Nähe zu Frankfurt schlägt bei der Attraktivität des Standortes sicherlich stark ins Gewicht. Doch auch Freigericht selbst punktet insbesondere durch die Europaschule, ein dichtes Netz an Krippen und Kitas, hoher Vereinsdichte, etc. um nur einige Aspekte zu nennen, insbesondere bei Familien mit Kindern.

Infolgedessen wächst die Gemeinde, was sich an den Neuanmeldungen von Erstwohnsitzen ablesen lässt. Leider korreliert die hohe Nachfrage nach Wohnraum, insbesondere qualitativ hochwertigem Wohnraum, mit dem geringen Angebot an Mietwohnungen oder auch zum Verkauf stehenden Immobilien. Angebot und Nachfrage halten sich schon seit einigen Jahren nicht die Waage und es ist mit einer weiteren Verschlechterung der Lage zu rechnen.

Darüber hinaus steigt das Durchschnittsalter der Freigerichter Bevölkerung stetig an. Demzufolge wird auch der Anteil an älteren und ggfs. pflegebedürftigen Personen ebenfalls zunehmen. Der Zuzug von jungen Familien wird diesen signifikanten Trend nicht aufhalten können. Schon jetzt kann die Gemeinde einen erhöhten Beratungsbedarf an Pflegedienstleistungen verzeichnen. Die Folgen werden vorrangig auf dem Wohnungsmarkt sichtbar werden. Die Nachfrage nach barrierearmen oder barrierefreien Wohnungen wird weiter stark ansteigen. Es wird voraussichtlich lange dauern, bis der Bedarf ausreichend gedeckt ist.

 

Neben dem Anstieg des Durchschnittsalters der Freigerichter Bevölkerung sprechen Sie insbesondere den Wohnraummangel an, den das gesamte Gemeindegebiet betrifft. Worin sehen Sie die Lösung, um dem entgegenzuwirken?

Dr. Eitz: Zum einen liegt eine der Lösungen sicherlich darin, Leerstandsimmobilien dem Markt zurückführen. Viele Wohnungen sogar ganze Häuser stehen in Freigericht leer, und dies teilweise schon über einen längeren Zeitraum hinweg. Es gibt bedauerlicherweise eine beachtlich hohe Anzahl an Menschen, die ihre Wohnungen und Häuser lieber leer stehen lassen und gar nichts unternehmen, anstelle sie dem Markt anzubieten. Die Gründe dafür sind vielfältig: Ob es der zuzsätzliche Arbeitsaufwand ist, den das Vermieten mit sich bringt, oder die Sorge, an nachlässige Mieter zu kommen – die Bandbreite an Klischees und Meinungen hinsichtlich der Vermieterei ist umfangreich. Dieser Umstand verschärft die prekäre Situation auf dem Wohnungsmarkt. Infolgedessen hat ein wachsender Teil der Bevölkerung bedeutende Schwierigkeiten, eine attraktive und gleichzeitig bezahlbare Wohnung zu finden. Und dies, obwohl viele Anfragen durch Mietinteressenten durch genau diese leerstehenden Immobilien bedient werden könnten.

Die zweite Lösung liegt zum anderen ganz klar im Neubau von qualitativ hochwertigem Wohnraum, der, wie wir alle wissen, dringend gebraucht wird. Insbesondere, wenn man Wert auf eine barrierefreie Ausführung legt, findet man im Neubau einen wichtigen Ansatz. Bei Bestandsimmobilien ist der Umbau nur durch erhöhten Aufwand zu bewerkstelligen.

Durch die Aufstellung von Bebauungsplänen und damit der Schaffung von Bauland, legt die Gemeinde den Grundstein für den Neubau.

 

Der Neubau ist in Deutschland stark reguliert, weshalb viele potentielle Bauherren nicht nur vor dem Bauen selbst zurückschrecken, sondern vor allem auch vor dem Dschungel der Bürokratie. Inwieweit hilft die Gemeinde jungen Bauherren, sich im Dickicht zurechtzufinden?

Dr. Eitz: Bauen ist ein komplexes Thema – Das wissen Sie besser als ich. Die Gemeinde bietet innerhalb des Bauamtes daher die Möglichkeit, Beratungstermine in Anspruch zu nehmen, um die Bebaubarkeit von Grundstücken oder Umbauprojekte auf ihre Realisierbarkeit zu prüfen. Als erste Anlaufstelle bekommt man dort sachkundige Antworten, inwieweit das eigene Projekt Aussicht auf Erfolg hat. Zu den regulären Sprechzeiten stehen die Türen des Bauamtes jederzeit offen. Gerne können auch Beratungstermine vorab vereinbart werden.

 

Insbesondere jüngere Bauherren oder Baufamilien informieren sich gerne vorab übers Internet. Hat die Gemeinde Planungen, verstärkt digital aufzutreten?

Dr. Eitz: Der Internetauftritt der Gemeinde wird insgesamt umfassend überarbeitet und interaktiver gestaltet werden. Insbesondere die Bedienerfreundlichkeit wird optimiert werden, vor allem auch für Smartphone- und Tablet-Nutzer. Neben dem reinen Informationscharakter seitens der Gemeinde und ansässiger Unternehmen soll die Webseite vorrangig dazu dienen, um Anträge und Unterlagen digital einreichen zu können. Prozesse und Abläufe müssen schneller und effizienter gestaltet werden. Demzufolge wird auch das breite Thema „Bauen, Wohnen und Vermieten“ entsprechend ausführlich auf der Webseite behandelt werden, wodurch hoffentlich, die Hemmschwelle, selbst Bauherr zu werden und damit selbst ein Stückweit dem Wohnungsmangel entgegen zu wirken, sinken wird.

 

Um nochmal auf Leerstandsimmobilien zurückzukommen: Sie wünschen sich, dass mehr Freigerichter Eigentümer, die bisher ihre Wohnung oder Haus haben leer stehen lassen, sich zumindest mit dem Gedanken des Vermietens auseinandersetzen. Wie sieht Ihr Appell als Bürgermeister an die Eigentümer aus, diesen Schritt zu unternehmen?

Dr. Eitz: Natürlich gibt es bisher keine gesetzlich geregelte Vermietungspflicht. Ich würde mir daher wünschen, dass der eine oder andere private Immobilieneigentümer die Not vieler Familien und anderer Wohnungssuchender wahrnimmt, und zumindest aus moralischer Sicht, von sich aus mit dem Gedanken spielt, den Schritt in die Vermietung zu wagen. Für einen älteren Menschen, der noch eine Wohnung im Haus frei hat, kann es darüber hinaus durchaus eine Bereicherung sein, diese Wohnung an eine junge Familie zu vermieten. Junge Leute bringen Leben ins Haus und können sicherlich bei dem einen oder anderen kleinen Handgriff behilflich sein. Das generationenübergreifende Wohnen, so wie man es von früher kennt, findet wieder seine Berechtigung. Es wirkt sich positiv auf das Wohlbefinden aller Altersklassen aus, womit man zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen hätte.

 

Da gebe ich Ihnen vollkommen Recht. Jetzt haben wir viel über leerstehende Immobilien und Vermietung gesprochen. Wie Sie selbst schon angesprochen haben, gibt es auch viele leerstehende Häuser oder Häuser, die nur von einer alleinstehenden Person bewohnt werden. Gleichzeitig ist die Nachfrage nach Einfamilienhäusern sehr groß.

Dr. Eitz: Ja, richtig. Gerade Familien wären dankbar, wenn sie eine gut erhaltene Bestandsimmobilie renovieren und in die Gegenwart überführen könnten. Ein Haus wird durch langen Leerstand, wenn auch nur vereinzelter Etagen, in Mitleidenschaft gezogen. Auch der Garten drum herum gleicht nach einigen Sommern ohne Pflege eher einer Wiese als einer einladenden Eingangssituation. Dies ist insgesamt unansehnlich, nicht nur für direkt betroffene Nachbarn, sondern auch insgesamt für das gemeindliche Erscheinungsgebiet. Falls man sich gegen das Vermieten entschieden hat, dann ist evtl. der Verkauf der Immobilie eine Lösung für alle Beteiligten: Für den Verkäufer, da er sich von dem Ballast einer zu großen Immobilie trennt und für den oder die Käufer, weil sie endlich eine neue Bleibe finden. Wie man eine Immobilie angemessen für den Vertrieb aufbereitet und mit Wertschätzung und Respekt veräußert, das muss ich Ihnen nicht sagen. Eigentümern, die mit Skepsis und vielleicht auch anfänglicher Überforderung dem Verkauf gegenüberstehen, können Sie durch Immobilienexpertise, einem umfassenden Beratungsangebot sowie dem entsprechenden Einfühlungsvermögen sicherlich die Angst vor diesem Schritt nehmen.

 

Danke für die Blumen! So wie jeder Kunde individuell ist, ist es auch jede Immobilie. Das macht das Aufgabenfeld umfassend und vielfältig. Gleiches trifft auf die Gemeinde ebenso zu. Wie gelingt es Ihnen, für verschiedene Zielgruppen den Standort Freigericht anziehend zu gestalten, um ein buntes Bevölkerungsbild entstehen zu lassen?

Dr. Eitz: Unser oberstes Ziel ist es, dass sich alle Generationen und sozialen Schichten in Freigericht eine bezahlbare Bleibe leisten können und sich bei uns wohlfühlen. Gerade die Diversität innerhalb der Bevölkerung macht die Vielfalt und damit Attraktivität einer Gemeinde aus. Aus diesem Grund beraten wir derzeit u.a. auch eine Vergabematrix, d.h. ein festgelegtes Punktesystem für die Vergabe von Grundstücken im Bereich der ehemaligen Lederfabrik in Bernbach. Diese Vergabematrix ist ein Prototyp und soll bei erfolgreicher Anwendung bei nachfolgenden Projekten erneut zum Einsatz kommen – wobei die jeweiligen Gegebenheiten berücksichtigt werden.

 

Ein erfreuliches Thema zum Schluss: Freigericht feiert nächstes Jahr 50-jähriges Gemeindejubiläum. Trotzdem gibt es immer noch große Unterschiede zwischen den einzelnen Ortsteilen. Wie begegnet man der Heterogenität?

Dr. Eitz: Es ist nicht das erklärte Ziel, das gesamte Gemeindegebiet zu vereinheitlichen. Durch gezielte Planungen sowie Ausgleichsmaßnahmen durch Schaffung von Mobilität soll vielmehr die Attraktivität einzelner Standorte angehoben werden. Zum Beispiel das neue Quartier zwischen Bernbach und Altenmittlau, um nur eins zu nennen. Durch den geplanten Neubau der Kindertagesstätte sowie das gemeinsame Bernbacher und Altenmittlauer Feuerwehrhaus wachsen beide Ortsteile zukünftig nicht nur ein Stück physisch zusammen, es entsteht darüber hinaus ein solidarisches Bewusstsein bei den Bürgern beider Ortsteile. Gleichzeitig deckt man durch die Ausweisung von Baugrundstücken innerhalb dieses neuen Quartiers die Nachfrage nach rarem Bauland und erreicht damit das, was ein Viertel erst lebenswert macht, nämlich den Zuzug und das Zusammenleben seiner Bewohner.

 

Herr Bürgermeister Dr. Eitz, ich danke Ihnen für Ihre Zeit und dieses Gespräch.

Beitrag erstellt 8

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Verwandte Beiträge

Beginne damit, deinen Suchbegriff oben einzugeben und drücke Enter für die Suche. Drücke ESC, um abzubrechen.

Zurück nach oben